Fragen an Florian Köhler (AfD)

Er möchte den Landkreis Bamberg attraktiver machen, sagte Florian Köhler, Landtagskandidat Bamberg-Land, dem Fränkischen Tag. Der nämlich portraitiert ja derzeit die Kandidaten für den Landtag. Damit man weiß, wen beziehungsweise auch was man da eigentlich mit seiner Stimme möglicherweise unterstützt.

In der Natur dieser Portraits liegt es aber, dass sie nicht besonders kritisch ausfallen. Das ist nicht nur bei der AfD so. Das gilt auch für die Kandidaten der anderen Parteien, die gerne im Oktober in den bayerischen Landtag möchten. Und letztlich ist natürlich der Platz im Blatt begrenzt. Ganz anders als hier beim Blattmacher.

Mir persönlich ist das nämlich alles ein bisschen zu dürftig. Denn mir reicht nicht zu wissen, woher ein Kandidat kommt oder wie alt er ist. In diesem Falle Herr Köhler, 24 Jahre und aus Strullendorf. Weil ich zu denjenigen Menschen gehören, die insbesondere die Alternative für Deutschland als Partei mehr als kritisch sehen, war ich recht unzufrieden mit dem Portrait, das ich zu lesen bekam. Nicht weil, es besonders gut oder besonders schlecht oder viel zu milde oder zu wenig "gegen rechts" ausgefallen wäre. Nein. Das wäre für einen journalistischen Artikel zu viel Meinung und zu wenig Inhalt. Aber an letzterem haperte es für mich insofern, als das mir einfach ein paar kritische Nachfragen zu den Punkten von Herrn Köhler fehlten. Auch deshalb, weil man ja nicht nur ihn wählt, so nett wie er vielleicht sein mag. Sondern man wählt auch das Landesprogramm seiner Partei. Und damit unterstützt man, mehr oder weniger, natürlich auch die Bundesebene der AfD und all ihre Strömungen vom Neonazismus bis zum Biedermann.

Bei dem einen oder anderen Punkt im Portrait, fehlte mir also etwas. Deshalb habe ich mir gedacht, dass ich diese Fragen einfach selbst einmal aufschreibe. Vielleicht liest sie der Herr Köhler ja. Und vielleicht möchte er dann darauf antworten. Da ich kein Journalist bin, möge man mir verzeihen, dass meine Fragen an der einen oder anderen Stelle nicht sonderlich neutral formuliert sind. Aber harte Nachfragen zu beantworten gehört ja auch zum politischen Geschäft.

Meine Fragezeichen

Herr Köhler, Sie sprechen davon, dass sie in der Schule schon einen linksradikalen Kern wahrgenommen haben. Weil sich Schüler und Lehrer, wie Sie sagen, daran gestoßen haben, dass Sie für die Alternative für Deutschland antreten. Haben Sie denn auch einen rechtsradikalen Kern angetroffen?

Gegenüber dem FT haben Sie ja offenbar gesagt, dass Sie als Nazi beschimpft worden sind, obwohl Sie zum Beispiel bei einer Schulaktion gegen Rassismus moderiert haben. Könnten Sie sich vorstellen, dass das gegebenenfalls am Bild Ihrer Partei liegt, welches öffentlichkeitswirksam durch Ihre Gallionsfiguren Herrn Gauland und Frau Weidel, aber auch Mitgliedern wie Herrn Höcke durch rassistische und rechtsradikale, sowie rechtsextreme Äußerungen gezeichnet wird? Was halten Sie von den dreien?

Sie möchten sich neben dem wichtigem Thema "Tourismus", auch für die Digitalisierung im Landkreis einsetzen. Das ist ja letztlich nicht nur Ländersache, sondern knüpft ja immer auch an Bundesprogramme an. Glauben Sie, dass Ihre Absichten in diesem Bereich schwerer umzusetzen sein werden, nachdem die Bundes-AfD ja ihrem Vorsitzenden nach keinen Plan zur, gegebenenfalls auch von der Digitalisierung in Deutschland hat? Welche Strategien in dieser Angelegenheiten verfolgen Sie neben dem Breitbandausbau für den Landkreis?

Sie finden ja, Herr Köhler, dass die Flächenversiegelung ein großes Problem ist und nennen Litzendorf als hervorragendes Beispiel dafür, dass erst einmal Lücken im Ort geschlossen werden können und sollten. Diese Lücken werden letztlich die Nachfrage nicht allein bedienen können. Die Gemeinden im Landkreis haben aber keine eigenen Flächen, die sie ausweisen können. Zudem ändert das Lückenfüllen offenbar auch in Litzendorf nichts an den hohen Preisen. Wie stellen sie sich das Thema Baugrund und Bauen denn nach einer Schließung der Lücken in den Ortskernen vor und wie lange, meinen Sie, genügt so ein Vorgehen? Was möchten Sie angesichts der hohen Immobilienpreise tun?

Zum Wahlprogramm der Bayern-AfD

Schauen wir mal in das Wahlprogramm der AfD Bayern, für die Sie ja in den Landtag ziehen möchten. Unter anderem heißt es dort:

Der Rechtsstaat muss endlich wieder konsequent durchgesetzt werden. Dazu wollen wir die Polizeiführung von politischer Korrektheit befreien. Bayern darf niemals Geschehnisse wie beim G20-Gipfel in Hamburg, die Besetzung von Häusern, kriminelle Clanstrukturen oder No-go-Areas dulden. Wir sagen linken Krawallmachern, organisierter Gewalt und No-go-Areas den Kampf an.

Von rechter Gewalt und Rechtsradikalismus steht im Bayern-Programm indes gar nichts. Kein Thema für die AfD?

Unter anderem die FDP setzt sich für ein Einwanderungsgesetz nach kanadischem Vorbild ein.  Aber auch alle anderen Parteien sprechen klar von einer besseren Regelung von Asylverfahren und deren Konsequenzen. Trotzdem nimmt die AfD laut ihrem Programm für sich in Anspruch, die einzige Partei zu sein, die sich um dieses Thema kümmert. Im Programm heißt es dazu, dass die "Willkommensdiktatur" und der "Einwanderungswahn" aufhören muss, sowie eine "Wiederherstellung des Rechts" gefragt ist. Angesichts der drastisch gesunkenen Flüchtlingszahlen und des Umstandes, dass eben die meisten anderen Parteien ebenfalls an einer rechtlich haltbaren und fairen Lösung arbeiten wollen: Wie kommt es, dass die AfD sich einen derart exklusiven Status zuschreibt?

Schwenken wir ein wenig zur Bildungs- und Forschungspolitik der AfD Bayern. Hierzu heißt es im Wahlprogramm der AfD Bayern unter anderem:

An Bayerns Schulen herrschen durch eine ideologisch motivierte und betriebene Inklusion zum Teil unhaltbare Zustände: So werden durch eine sinnfreie Integration von verhaltensauffälligen bzw. minderbegabten Schülern in ungeeignete Schulformen die Vermittlung des Lernstoffs und die Förderung der regulär in diesen Klasen sitzenden Kinder vereitelt.

Die bisherige "gezielte Förderung" in entsprechend anderen Schulformen sei dagegen eine Erfolgsgeschichte und müsse beibehalten werden. Wie stehen Sie dazu, dass Kinder mit Behinderung oder solche, die aus AfD-Sicht "minderbegabt" sind, von anderen Kindern getrennt unterrichtet werden sollen? Haben diese Kinder eine Inklusion in den Rest der Gesellschaft nicht verdient bzw. ab wann soll nach Ihrer Meinung als AfD-Kandidat eine solche Inklusion stattfinden, wenn nicht im Kindesalter? 

Was die Forschungslandschaft in Bayern anbelangt, stellt sich die AfD Bayern laut ihrem Wahlprogramm auf folgenden Standpunkt:

Forschung und Lehre sollen nach wissenschaftlichen Kriterien ergebnisoffen, neutral und unter Einbeziehung aller Argumente und Wissenschaftler gestaltet werden. Wir fordern das Einstellen ideologisch motivierter Forschungszweige, wie der Gender-Forschung und einseitig betriebener Klimaforschung. Die Abhängigkeit von Drittmitteln – und damit die unkontrollierte Einflussnahme von außen – ist durch Aufstockung der Eigenmittel und bedarfsabhängige Mittelvergabe zu reduzieren.

Wenn Forschung und Lehre doch frei bleiben soll, wie begründet die AfD Bayern dann, dass bestimmte Forschungsfelder nicht weiter bearbeitet werden sollen? Wie will die AfD Bayern entscheiden, was aus ihrer Sicht ideologisch motiviert ist und welche Ideale dürfen denn ihrer Meinung nach ein Erkenntnisinteresse in der Forschung leiten? Zudem: Wie stehen denn Sie, Herr Köhler, eigentlich zum Klimaschutz?

Zum Bundesprogramm der AfD

Ich hatte ja bereits anklingen lassen, dass man die Landes-AfD eigentlich nicht voll entkoppeln kann von den leitenden Maßgaben der Bundes-AfD, so wie es eben auch bei anderen Parteien der Fall ist. Deshalb sei auch noch einmal nach Ihrem Standpunkt zu einigen Aspekten des Bundes-Wahlprogramms gefragt, auch wenn dieses freilich für die vergangene Bundestagswahl geschrieben worden ist.

Warum ist der Euro eigentlich Ihrer Meinung nach gescheitert?

Zum Thema "Alleinerziehender" liest man im Wahlprogramm der Bundes-AfD das folgende:

 Die Entscheidung für die Lebensform „alleinerziehend“ ist Privatsache – für eine daraus resultierende Bedürftigkeit haftet jedoch die Solidargemeinschaft.

Erwähnt sei an dieser Stelle natürlich auch, dass die AfD der Auffassung ist, man müsse bei Alleinerziehenden nach Gründen differenzieren, bevor man eine Förderung von Alleinerziehenden vornimmt. Weiter heißt es dazu:

Der Vorteil einer besonderen Unterstützung durch die Solidargemeinschaft sollte nur denjenigen Alleinerziehenden gewährt werden, die den anderen Elternteil nicht aus der Teilhabe an der Erziehungsverantwortung und praktischen Erziehungsleistung hinausdrängen.

Herr Köhler, nun weiß ich nicht, inwieweit sie sich mit Familien- und Sozialrecht auskennen und wie häufig sie über die unsäglichen Fälle von häuslicher Gewalt, Gewalt gegenüber Kindern, etc. lesen. Warum meint die AfD, derart werten zu können und festlegen zu dürfen, was in diesem Fall "selbst verschuldet" ist und was nicht? Und kann die AfD beurteilen, ob es sinnvoll ist, dass - je nach Fall - beide Elternteile sich um die Kinder kümmern und damit eine förderungswürdige Situation entsteht? Wie stehen Sie dazu?

Nach dem Grundsatzprogramm der AfD soll das Arbeitslosengeld I privatisiert werden. Bürger sollen also quasi selbst Vorsorge treffen für den Fall, dass sie - verschuldet oder unverschuldet - ihren Job verlieren. Mit Blick auf die immer stärker steigenden Lebenshaltungskosten für Familien, unter anderem wegen der Wohnkosten, finden Sie das richtig, Herr Köhler? Und wie soll das funktionieren?

Vielleicht an dieser Stelle abschießend: Aufwandsgerechte Pflegeschlüssel, bessere Vergütung und Aufstiegsmöglichkeiten in der Pflege. Ein Anspruch, den alle anderen Parteien auch haben. Gefragt sei an dieser Stelle: Herr Köhler, welchen konkreten Handlungsvorschlag hat die AfD hierzu? Und wie soll die Arbeits- und Ruhezeiten-Regelung in der Notaufnahme aussehen, die die AfD sich ins Wahlprogramm für Bayern geschrieben hat? Welche Auswirkungen hätte das aus Ihrer Sicht für die Sozialstiftung Bamberg und das Klinikum?

Es gäbe darüber hinaus sicherlich noch eine ganze Reihe weiterer Fragen. Und natürlich gäbe es auch entsprechende Fragen an die Kandidaten der anderen Parteien. Hier aber soll es um Herrn Köhler und die AfD gehen. Ma gucken.

Martin Wilbers

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