Ganz Gallien … ganz Gallien?

Es klingt ein bisschen nach dem sagenumwobenen gallischen Dorf von René Goscinny. Blickt man auf die in den letzten Jahren entwickelte Fankultur der Brose Baskets, so gleichen die aktuellen Entwicklungen der Wahrnehmung nach einer gefühlten Belagerung durch die Römer. Ein Aufstand entbrennt darüber, dass die beiden führenden Köpfe des Bamberger Basketballs vom Häuptlingsschild gestoßen werden sollen. Oder bereits gestoßen wurden. So ganz genau weiß das niemand, aber die Lieder vom Hörensagen dieser Geschichte scheinen schon geschrieben. Und fast wirkt es so, als ob Trubadix bisher noch nicht an einen Baum gefesselt der Siegesfeier zuschaut.

Einen Zaubertrank finden die Gallier dieser Tage in den sozialen Netzwerken, in denen sie sich mit gefühlt überwältigender Macht gegen den drohenden Ansturm zur Wehr setzen. Blaue Flecken und blutige Nasen jedenfalls haben sich die Römer schon abgeholt.

Der Preis des Erfolges

Dabei liest sich diese Geschichte nicht nur so, dass die Römer allein Böses im Sinn haben. Sie bringen eine neue Kultur mit nach Gallien, deren verlockende Botschaft vor allem der sportliche Erfolg ist. Mit dieser Kultur fließen Milch und Honig in die Flüsse Galliens, notwendig um letztendlich im sportlichen Wettkampf um den Gral des Basketball obsiegen zu können.

Aber es scheint, als wären die Gallier nicht bereit, den Preis für diesen Erfolg zahlen zu wollen. Sie empfinden den Eingriff in das jahrelang mit sorgsamen Händen gebaute Dorf, ihre Heimat, als Angriff. Obwohl es in den vergangenen Jahren nicht nur die Häuptlinge, sondern eben auch Milch und Honig waren, die den strahlend glänzenden Pott, gefüllt mit Ruhm und Ehre, fast schon traditionell an die beschaulichen Ufer der Regnitz brachte.

Gallien hat von den so süß gewordenen Flüssen mit gierigen Kehlen gekostet, die eigenen Flussrechte abgetreten. Und hat sich nach und nach unbesiegbarer gefühlt. Die Römer haben dieses Gefühl immer stärker genährt. Und als strategisch denkendes Volk sind sie nun auf der Suche nach Ursachen und Lösungen für die verfehlten Feldzüge in diesem Jahr. Führungsfehler sind es, die sie als ursächlich ausgemacht zu haben scheinen. In gewohntem Habitus und vor allem dem Motto folgend „Der Fisch stinkt vom Kopf“, braucht es aus ihrer Sicht neue Häuptlinge im Dorf, um erneut an die Spitze zu kommen. Das aber stinkt den Galliern ganz gewaltig. Das Übel seien die Köpfe der Römer. Wie so oft in Goscinnys Geschichten machen sie sich deshalb auf, Ceasars Scharen in ihre Schranken zu weisen.

Eine Geschichte von Gut und Böse?

Am Ende gibt es aber doch einen Unterschied zu den so beliebten Comics. Gut und Böse gibt es in dieser Geschichte nämlich nur bedingt. Ohne die goldenen Flüsse gibt es keinen glänzenden Topf in Gallien. Und wer Honig und Milch feil bietet, der verlangt dafür natürlich auch eine Gegenleistung.

Es hat sich so viel Zorn entwickelt. So viel Frust, Ärger und vor allem Misstrauen. Das hilft am Ende niemandem. Im Grunde genommen hat Gallien zugelassen, dass es seiner Entstehungskultur entrückte. Der familiäre Geist des Dorfes von einst, ist im ewigen Ringen um noch mehr Erfolg seinen eigenen Schuhen entwachsen. Der Jubel, der Stolz und die Ehre sind mit eben diesem Erfolg verbunden. Und es bleibt die Frage, ob der Geist von damals wieder Einzug finden würde, wenn die Flüsse von Milch und Honig versiegen.

Anstatt mit Keulen und Schwertern aufeinander loszurennen, wäre es schon zu einem früheren Zeitpunkt empfehlenswert gewesen, die Waffen zu strecken und sich stattdessen bei einem guten Becher Met an einen Tisch zu setzen. Ein Verständnis füreinander zu finden. „Kompromiss“ könnte in dieser Angelegenheit ein "vocabulum non gratum" sein. Denn der Fahrtwind zunehmender Professionalisierung ist insbesondere unter vollen Segeln nicht nur frisch, sondern oft auch kalt.

Eine Frage der Ziele

Sowohl für die Gallier als auch für die Römer aber wäre es sinnvoll über die jeweiligen Ziele des eigentlich gemeinsamen Feldzuges zu sprechen. Von außen betrachtet, scheinen diese dieselben: Erfolg, Ruhm und Ehre. Vielleicht muss man aber noch einmal klar stellen, was genau das eigentlich bedeutet. Und ob es nicht viel mehr auch darum geht, auf der einen Seite einen Goldschatz finden zu wollen, ohne aber auf der anderen Seite die Beschaulichkeit des bisherigen Zusammenlebens aufzugeben .

Die wärmenden Herdfeuer des gallischen Dorfes von früher sind fürs Erste erloschen. Vielleicht ist die Zeit gekommen, die Geschichte zu Ende zu schreiben und eine neue zu beginnen. In welche Richtung auch immer. Und vielleicht müssen sich auch alle aktuellen Häuptlinge genauer überlegen, wie sie ihren Platz in dieser Geschichte bestreiten wollen.

Es ist in jedem Fall ein Aufeinandertreffen von zwei Kulturen. Zusammenkünfte dieser Natur haben bisher in den seltensten Fällen Raum für beide gelassen. Allerdings: Obsiegen muss nicht immer die eine oder die andere. Obsiegen kann auch eine neue, ebenso Erfolg versprechende.

Titelbild: Astérix & Obélix Bruxelles rue de la Buanderie; Creative Commons; Personen aus den „Asterix und Obelix“-Comics von Goscinny und Uderzo, Zeichnung in Brüssel, 33 rue de la Buanderie
Martin Wilbers

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