Stellenanzeigen - Manchmal eine Vollkatastrophe

Wenn man sich mit "Employer Branding" beschäftigt, kommt man irgendwann an den Punkt, sich auch mit Stellenanzeigen zu beschäftigen. Dabei spielt nicht nur das Design eine Rolle, sondern vor allem natürlich der Inhalt und damit auch eine vernünftige Zielgruppenansprache. Ich habe mir hierzu in den letzten Wochen recht viele unterschiedliche Anzeigen - online wie print - angesehen und aus meiner Sicht viel zu oft den Kopf schütteln müssen.

Ich erinnere mich noch an die beiden Vorträge von Prof. Dr. Armin Trost, der unter anderem an der Hochschule Furtwangen HR-Themen lehrt. Er hatte eine ganz wundervolle Geschichte über einen Ingenieur im Gepäck, die verdeutlichen sollte, wie sich der Arbeitsmarkt zukünftig verändern wird: Zu Gunsten der Arbeitnehmer und zwar insofern, als dass es nicht mehr sie sein werden, die sich auf einen Arbeitsplatz bewerben, sondern die Unternehmen, die sich bei potentiellen Arbeitnehmern als Arbeitgeber bewerben werden. Fand ich damals schon spannend und an Aktualität hat das ganz gewiss nicht verloren.

Er hat aber auch darüber gesprochen, dass manch ein Stelleninserat, sofern man dieses Instrument zur Stellenausschreibung nutzt, aussieht, wie eine Todesanzeige. Schwarz-Weiß. Düster. Trauernd. Ich konnte das damals schon ganz gut nachvollziehen, weil vielen Stelleninseraten tatsächlich oft ein ansprechendes Design fehlt und aus meiner Sicht solche Entscheidungen häufig budgetgetrieben sind. Habe ich allerdings nie verstanden. Denn was hilft es mir weniger Geld auszugeben, dafür aber nicht den gewünschten Effekt zu erzielen? Naja.

Wie erreiche ich jemanden vs. wen will ich erreichen

Aber das Design ist aus meiner Sicht, so wichtig es ist, längst nicht alles. Nach der Sichtung unzähliger Inserate, habe ich mich immer wieder gefragt, ob die Trends auf dem Arbeitsmarkt, der immer wieder postulierte Fachkräftemangel, das Ächzen und Stöhnen vieler Unternehmen bezüglich fehlender Qualität in den Bewerbungen - ob all das eigentlich wirklich angekommen ist.

Die wichtigste Frage ist oft: Wie erreiche ich genau diejenigen, die ich erreichen möchte, um die Stelle, die ich anzubieten habe optimal zu besetzen? Die Frage bei der Gestaltung von Inseraten ist nicht neu. Das war ja schon immer so. Aber müsste die wichtigere Frage nicht eigentlich lauten: Wer ist denn die Person, die optimal zu mir und meinem Stellenangebot passt und welche Bedürfnisse hat diese Person, die ich möglichst befriedigen muss, damit diese Person meine Stelle besetzen möchte?

Wie man es vielleicht nicht macht

Ein schönes Beispiel wie man es vielleicht nicht unbedingt hinbekommt, war etwa ein mittelständisches Unternehmen aus Norddeutschland, welches eine Stelle als Marketingmanager zu besetzen hatte. Wenn man selbst im Marketing arbeitet, dann verbindet man natürlich mit der Stelle eines Marketingmanagers ganz bestimmte Aufgaben und Inhalte. Man macht sich also als qualifizierte Fachkraft schon einmal ein konkretes Bild von dieser Stelle, bevor man alles gelesen hat. Grundsätzlich jetzt nicht verkehrt. Aber wenn man weiter liest und die Anforderungen an die Stelle vor allem im Bereich Adobe Creative Suite, Grafikdesign bzw. Druckvorstufe kommt man doch schon ins Staunen.

Mir ist schon klar, dass gerade im Mittelstand eine Stelle oft viele verschiedene Aufgaben auf sich vereint, die etwa in Konzernen auf mehrere Köpfe auftgeilt werden. Das macht den Mittelstand aus meiner Sicht auch sehr reizvoll. Aber wenn ich einen Grafiker suche, der mir ein paar Flyer bastelt, weil ich dafür lieber keine Agentur bezahlen möchte und der alles andere in Sachen Marketing vielleicht "so nebenbei" erledigt, dann finde ich das Stellenprofil schwierig. So schwierig, dass hochwertige Kandidaten so vielleicht nicht unbedingt zu finden sind. Denn wofür spricht das? Dass das ausschreibende Unternehmen Marketing auf bunte Bildchen reduziert? Dass Marketing hier nicht als strategische Funktion, sondern als Agenturersatz gesehen wird? Ich bin der Meinung, professionelle Marketer werden sich hier nicht bewerben. Aber ich glaube auch, dass das Unternehmen gerne trotzdem einen professionellen Marketer haben wollen würde.

Kundenperspektive im Personalmarketing

Da frage ich mich: Ist das Problem vielleicht, dass zur Stelle passendere Begriffe zu unsexy sind? In meinem Berufsfeld, der Unternehmenskommunikation, werden auch reihenweise Kommunikationsmanager gesucht. Den Profilen zu Folge suchen die Unternehmen aber eigentlich keinen Kommunikationsmanager, sondern meist eher einen unternehmensinternen Redakteur. Ich habe dann oft das Gefühl, dass das suchende Unternehmen entweder versucht, die ausgeschriebene Stelle durch den Begriff des "Managers" aufzuwerten oder aber nicht so ganz verstanden hat, was denn eigentlich ein Kommunikationsmanager macht.

Stellenausschreibungen sind Teil des Personalmarketings. Und modernes Marketing sollte den Kunden in den Mittelpunkt stellen. Die meisten Inserate stellen aber vor allem das Unternehmen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Da werden lange Anforderungskataloge aufgeschrieben. Forderungen. Und meist bleiben dann nur noch zwei Zeilen Platz für etwas sehr wesentliches: Was konkret hat denn das Unternehmen anzubieten? Der Arbeitsmarkt ist noch immer dabei sich zu drehen, aber Unternehmen verstehen sich auf diesem Markt immer noch als die größere Macht. Fachkräfte können sich bereits heute - je nach Disziplin - aussuchen, für wen sie arbeiten. Und sie sind auch Marktteilnehmer. Also suchen sie sich das beste Angebot. Das besteht aus vielen Faktoren. Aber ich denke, wesentlich sind nach wie vor die Marke, also die Reputation des Unternehmens, die Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten und auch das Gehalt. Plus verschiedener anderer Dinge. Warum stellen Unternehmen solche Sachen nicht in den Fokus, wenn sie Stellen ausschreiben? Warum analysieren sie nicht ihr eigenes Angebot und legen das über das Bedürfnisprofil ihres Idealkandidaten? Vermutlich, weil sie das Bedürfnisprofil nicht kennen und deshalb lieber weiterhin lange Anforderungskataloge schreiben.

Vor kurzem habe ich eine Ausschreibung gesehen, die es tatsächlich anders gemacht hat. Da stand zu allererst einmal, was das Unternehmen einem potentiellen Kandidaten anzubieten hat. Und zwar durchaus ausführlich. Und erst danach wurde niedergeschrieben, wie sich das Unternehmen diesen Kandidaten vorstellt. Ein guter Ansatz, finde ich. Und warum wird eigentlich immer noch so ein großes Geheimnis um das Gehalt gemacht? Es ist ein Hygienefaktor der zählt und das kann man nicht wegdiskutieren. Wären gewisse Spannen, etwa wie in den USA, angegeben, dann würden sich Personaler und auch Bewerber sicher ein wenig Zeit sparen. Klares Angebot, klare Nachfrage. Davon profitieren aus meiner Sicht immer beide Seiten in irgendeiner Form.

Wie auch immer man es anstellt: Im Marketing ist das mit dem Targeting und Content Marketing ja inzwischen ein großes Thema. Da braucht es in der HR-Politik, aus meiner Sicht, ein Umdenken. Eine echte Kundenperspektive, die sich mit Bedürfnissen auseinandersetzt. Das zeugt von echtem Interesse und ist schon vorab ein Zeichen der Wertschätzung.

Ich finde, im Personalmarketing kann man von all dem noch eine ordentliche Schippe drauflegen. Klar ist aber auch: Mit tollen Anzeigen allein - egal, ob print oder online -, ist noch kein Personal gefunden. Das "Ausschreibungsobjekt" ist ja nicht nur eine Stelle. Es ist eine Perspektive. Es ist eine Herausforderung, es ist ein Leben und es muss eben auch ein attraktives Angebot sein. Und das von einem attraktiven Arbeitgeber.

Bildnachweis: Dirk Vorderstraße, Flickr, Creative Commons, https://www.flickr.com/photos/dirkvorderstrasse/14698780992/
Martin Wilbers

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