Immer diese Pressearbeit!

Dietmar Rieß ist Vizepräsident des Marketing-Clubs Oberfranken. Gleichzeitig ist er auch Geschäftsführer einer Agentur in Bayreuth. Und er hat in der aktuellen Ausgabe der Kundenpublikation der IHK für Bayreuth Oberfranken einiges zum Thema „Public Relations“ gesagt. Worauf er dabei den Schwerpunkt setzte, fand ich schade. Und deshalb bin ich auch nur bedingt seiner Auffassung. Selbst, wenn manch einer sagt, das sei doch Haarspalterei: Ich finde, da muss man schon mal differenzieren.

„Wirksame Public-Relations-Arbeit, also Öffentlichkeitsarbeit, das Lancieren von Artikeln in gedruckten wie in elektronischen Artikeln […]“ Nee, halt, stopp. Ich meine, dass sollte man gerade im Mittelstand, in dem unsere Disziplin nicht immer gar so aufmerksam behandelt wird, nicht so erzählen. Das ist eine Sicht auf das Berufsfeld, wie sie heute tatsächlich auch noch bei vielen Kolleginnen und Kollegen vorhanden ist, aber nicht umsonst arbeiten die Berufsverbände BdP und auch DPRG an neuen Leitbildern für die PR bzw. haben das schon getan. PR war zu Beginn der Berufsfeldentwicklung eigentlich tatsächlich nur eines: Pressearbeit. Aber diese Sicht der Dinge muss man heute einfach korrigieren.

Öffentliche Beziehungen statt Öffentlichkeitsarbeit

PR steht für Public Relations. Und das bedeutet übersetzt nicht etwa Öffentlichkeitsarbeit, sondern öffentliche Beziehungen. Beziehungsweise das Pflegen öffentlicher Beziehungen. Dabei ist sowohl die Öffentlichkeit außerhalb eines Unternehmens, als auch die Öffentlichkeit innerhalb eines Unternehmens gemeint. In der Kommunikationswissenschaft wird hier – und das ist auch gut so! – von Teilöffentlichkeiten gesprochen. Das sind erst einmal nichts anderes als Zielgruppen, aber sie haben eben die Eigenschaft vor allem öffentlich zu sein. Man darf nicht vergessen, dass Mitarbeiter in Familien, Freundes- und Bekanntenkreisen, Vereinen und natürlich im Netz unterwegs sind. Sie sind die wichtigsten Multiplikatoren, die ein Unternehmen hat. Und deshalb müssen sie auch Arbeitsgegenstand der Public Relations sein.

Kontinuierliche PR erzeuge ein "Grundrauschen", das ein Positives Bild des Unternehmens in der Öffentlichkeit erzeuge, so Dietmar Rieß.   - Oberfr. Wirtschaft, 10/15

Presse ist nur ein Kanal

Und natürlich gehört zum Aufgabenfeld auch die Pressearbeit. Aber ob deren kontinuierliche Arbeit ein "positives Grundrauschen" erzeugt, sei mal dahin gestellt. Denn das hängt ganz von den Inhalten ab, die kommuniziert werden. Und die hängen am Ende wiederum vom konkreten Corporate Behaviour ab. Denn verhält sich ein Unternehmen anders, als es selbst über sich kommuniziert, gerät das Image schnell mal in eine Schieflage. Das sehen wir aktuell bei VW. Oder im letzten Jahr bei ADAC. Oder - immer wieder gerne - bei der Telekom (Stichwort "Drosselkom").

Aber man muss sich heute aufgrund der Vielzahl zur Verfügung stehender Kanäle nicht nur überlegen, was man kommunizieren will, sondern vor allem auch an wen. Das „schlichte“ Lancieren von Presseartikeln ist eben nicht mehr das Allheilmittel. Heute gibt es Facebook, Youtube, Twitter, Pinterest, Instagram, Blogs und Dutzende weitere Kanäle, die Unternehmen bespielen können. Und warum? Weil ein nicht geringer Teil ihrer Zielgruppen, sei es in Form potentieller Kunden oder auch Arbeitnehmer, sich genau dort bewegt. Und im Zweifel eben nicht mehr nur in den unabhängigen Pressekanälen. Und vielleicht bewegen sich manche Zielgruppen dort auch gar nicht mehr.

Chance für den Mittelstand

Die Grenzen zwischen Kommunikation (PR) und Marketing (Absatzmarketing) verschwimmen zusehends (Marketingkommunikation). Aber Unternehmen haben heute die Möglichkeit ihre Zielgruppen ganz direkt zu erreichen und eigene Communities aufzubauen. Ich habe das in Zusammenhang mit dem Thema „Content Marketing“ bereits vor kurzem aufgeschrieben.

Gute PR zu betreiben ist heute günstiger und effektiver denn je, aber auch viel verantwortlicher zu gestalten als bisher. Kommunikation ist generell eine riesige Chance für den Mittelstand. Und sollte eigentlich, intern wie extern, schon längst kein Thema mehr sein, dass nur in großen Konzernen eine Rolle spielt.

Gute Beziehungen, gute Geschäfte

Deshalb finde ich es falsch dem Mittelstand zu suggieren, PR bestünde aus dem Schreiben und Versenden von Presseartikeln. Und am besten telefoniert man in den Redaktionen noch nach. Wer sich mit der modernen und sehr zielführenden Pflege öffentlicher Beziehungen auseinander setzt und auf die darin enthaltende Kraft für Marken und Produkte setzt, der befasst sich intensiv mit Content Marketing, Eigenmedien und ernsthaften, zielführenden, nutzbringenden Inhalten.

Am Ende ist das der Grund, warum Public Relations so wichtig für den Unternehmenserfolg ist: Weil nur auf guten, vertrauensvollen und werthaltigen Beziehungen wirklich gute Geschäfte fußen. Und dazu kann moderne PR einen Beitrag leisten, den das klassische Werbemarketing in der Form nie wird leisten können.

Martin Wilbers

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