Unangebrachte Häme - LeFloid und die Kanzlerin

Als es vorüber war, zerrissen sich fast alle "Großen" das Maul über ihn. All die Journalisten und Medien schrieben ihn mit Häme und Spott herunter. LeFloid alias Florian Mundt durfte die Bundeskanzlerin interviewen. Mit Fragen, die er aus seiner Netzgemeinde gesammelt hatte. Das Interview führte er sehr respektvoll, schüchtern, zurückhaltend und auch, dass er nervös war, merkte man ihm an. Letztlich ist es genau das, was die Profi-Journalisten ihm kurz nach Erscheinen des Materials auf seinem Youtube-Kanal vorwarfen. Er wäre nicht hartnäckig gewesen, mehr ein ahnungsloser Schulbub. Die Kanzlerin habe so ziemlich alles, was er fragte, von sich abperlen lassen. Jede Negativ-Zeile in den Artikeln auf den Seiten der großen Blätter troff vor Schadenfreude. Jede Zeile las sich, als würden sie alle mit dem Finger auf ihn zeigen und ihn auslachen. Als hätte er etwas Dummes, Lächerliches und Falsches getan.

Liebe Medienvertreter, Eure Häme ist nicht nur unangebracht, sondern eigentlich müsste man den Spieß umdrehen. Hat denn irgendeiner von Euch erwartet, dass LeFloid über Nacht zum Profi wird, ein junger Mann, der Psychologie studiert, selbstständig ist, damit gutes Geld verdient und dabei vermutlich deutlich mehr junge Menschen mit seinen Themen erreicht, als Ihr? Hat einer von Euch wirklich gedacht, dass es sich bei dieser Aktion nicht um eine PR-Aktion handelt? Oder meint Ihr ernsthaft, LeFloid hätte nicht gewusst, dass er sich freilich auf eine PR-Nummer einlässt? Ich finde, nichtsdestotrotz hat er Mut bewiesen. Andere hätten bei einer solchen Offerte möglicherweise direkt den Schwanz eingezogen, weil sie sich nicht im Stande gesehen hätten. Oder sie hätten die Chance, die in dem Angebot lag, nicht erkannt, weil es sich "bloß um PR" handelt.

Selbstverliebt ... und neidisch?

Es gab glücklicherweise einige unter Euch, die zugegeben haben, dass selbst Profis der Frau Merkel nur mit viel Mühe Gehaltvolles und Konkretes entlocken können. Sie ist im Gegensatz zu LeFloid ein Medie..., nein ein Pressemedien-Profi. Und schafft es deshalb auch immer wieder, Euren Fragen ausweichend zu antworten bzw. Nicht-Antworten zu geben, die Ihr dann aber letztlich fleißig als Zitate veröffentlicht, mit denen Ihr Euch also folglich doch ein Stück weit zufrieden gebt.

Ich wäre an Eurer Stelle deshalb nicht gar so selbstverliebt. Am Ende könnte man tatsächlich meinen, Ihr hättet Angst. Angst davor, dass "junge" Formate Euch das Wasser abgraben. Vielleicht nicht in journalistischer Hinsicht, da müssen ganz bestimmt noch viele Schippen drauf gelegt werden, aber sie erreichen ein Publikum, zu dem Ihr keinen Zugang findet. Florian Mundt hat etwas geschafft, dass Euch bisher verwehrt blieb: Sein Format hat dafür gesorgt, dass sich 2,5 Millionen meist junge Menschen mit politischen Fragen auseinandergesetzt haben. Fragen, die für sie relevant sind. Fragen, die Ihr ihnen vielleicht nicht beantwortet habt. Oder in einer Form beantwortet, die unsere nachwachsende Generation nicht annimmt.

Wer im Glashaus sitzt ...

Ihr beschwert Euch, dass Euch immer weniger Menschen Gehör schenken. Arbeitet verzweifelt daran, Eure Arbeit ins Netz zu tragen, dem Medienmarkt der Zukunft, auf dem Ihr selbstverständlich auch Geld verdienen möchtet. Aber eines vergesst Ihr dabei: Der Kanal allein ist nicht das neue Mekka. Es ist der Content, der zählt. Und mit diesem Content vielleicht auch eine Ausdrucksweise und eine thematische Aufarbeitung, die Ihr alle, die Ihr über Florian Mundt gelacht habt, weder versteht, noch umsetzen könnt. Weil Ihr - so vermute ich - noch nicht ernsthaft genug in Zielgruppen und deren Bedürfnissen denkt.

Statt Euch die Bäuche vor Lachen zu halten, hätte ich mir in dem Moment gewünscht, dass Ihr einem jungen Menschen wie LeFloid in irgendeiner Form die Hand reicht. Ihm vielleicht sogar helft? Auf ihm rumzuhacken ist natürlich einfacher. Aber Ihr macht Euch damit irgendwie auch über ein Auditorium lustig, das Ihr - vielleicht erst in einigen Jahren - gerne als zahlende Kundschaft hättet. Und vielleicht, ganz vielleicht, könntet Ihr ja im Gegenzug genau deshalb etwas von Menschen wie Herrn Mundt lernen. Denn der kennt Eure potentiellen Kunden von morgen schon ziemlich gut. Im Grunde ist er selbst einer und seine Reichweite wächst. Darüber würde ich vielleicht mal nachdenken.

Titelbild: LeFloid/Florian Mundt, Quelle und Copyright: Flickr, republica/Gregor Fischer
Martin Wilbers

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