Flussfahrt mit Stoschek - Eine Neiddebatte?

Die Ausnahmegenehmigung für den Coburger Unternehmer Michael Stoschek sorgt für ordentlichen Wirbel in Bamberg. Zu recht oder handelt es sich einzig um eine Neiddebatte?


Michael Stoschek besitzt viele schöne Autos. Ein ganz besonderes Exemplar ist sein VW 166, ein Amphibienfahrzeug der deutschen Wehrmacht aus dem zweiten Weltkrieg. Seitdem der Name "Stoschek" in Bamberg eine etwas höhere Aufmerksamkeit besitzt, nutzt der Coburger Unternehmer die Sandkirchweih, Bambergs größtes Volksfest, um mit dem über 70 Jahre alten Fahrzeug über die Regnitz zu schippern und sich dabei von den Massen bewinken zu lassen.

Gesetz hin oder her

Dass man für diese besondere Form einer Spritztour eine Ausnahmegenehmigung auf dem Wasserweg benötigt, weiß Stoschek. Dass er bisher keine besaß, weiß er auch. Er hat es sich dennoch nicht nehmen lassen, allen gesetzlichen Widrigkeiten zum Trotz, am Sandkirchweih-Montag mit dem Volkswagen baden zu gehen. Dafür hat er natürlich eine Ordnungsstrafe zahlen müssen. Aber die 250 Euro waren es dem Unternehmer ganz offensichtlich wert. Regelmäßig hatte der Ausflug ja auch für einen ordentlichen Presserummel gesorgt. Der hatte Stoschek zwar meist als arroganten reichen Mann, der sich mit Geld die Welt erkauft dastehen lassen, aber das störte ihn scheinbar nur insofern, als dass er einfach nicht verstehen konnte, wie jemand so etwas von ihm behaupten könne. Und schwups: War er gleich wieder mit seinem Straßenkahn auf der Regnitz unterwegs.

Angst vor trockenen Geldflüssen

Erst in diesem Jahr wollte Stoschek ganz offenbar den Weg einer Genehmigung gehen. Die Krux an dieser Genehmigung ist allerdings, dass sie zwar von der Stadt Bamberg erteilt werden darf, dafür aber ein öffentliches Interesse vorliegen muss. Und das kann man von der Vergnügungsfahrt eines Unternehmers nun nicht per se behaupten.

Was tun also? Die Stadt Bamberg hat mit einer eher fadenscheinigen Begründung den Versuch unternommen, ein öffentliches Interesse zu produzieren. Indem ein Vertreter der Wasserwacht die Fahrt begleitet und als Lotse tätig werden könne. Wirklich? Ja, tatsächlich: Ausnahmegenehmigung erteilt, Presserummel gesichert. Nicht nur die Lokalzeitung hat über diesen Sachverhalt berichtet, sondern auch Blätter wie DIE WELT oder die Süddeutsche Zeitung. Allerdings freilich größtenteils kritisch bis spöttisch. In der Öffentlichkeit, etwa in den sozialen Netzwerken, wird dementsprechend seit einigen Tagen ordentlich darüber debattiert. Während die einen dem Tenor folgen, dass Geld die Welt regiert und sich die Stadt mehr oder weniger in Geiselhaft nehmen lässt, fragen sich die anderen, was der Trubel soll. Es handle sich um eine Neiddebatte, denn er würde mit der Ausfahrt ja niemanden gefährden. Und er täte ja schließlich viel für die Allgemeinheit mit seinen großzügigen Spenden.

Kann man es sich so einfach machen? Ich glaube nicht. Es geht bei der Kritik an dieser Sondergenehmigung nicht darum, seinen persönlichen Neid auf die finanzielle Situation des Coburger Unternehmers auszudrücken.  Es geht darum, dass eine gesetzliche Regelung umschifft wird, um das Wohlwollen eines Unternehmers nicht zu verlieren. In einem Interview mit dem FT sprach Herr Stoschek davon, dass er viele öffentliche Projekte finanziell fördere und sich deshalb ein entsprechendes Entgegenkommen erwarte. Allein diese Haltung muss deutlich machen, dass die Spenden, die Herr Stoschek unbenommen in namhafter Höhe in die Stadt fließen lässt, sicherlich nicht allein der Güte seines Herzens entspringen. Diese Spenden verfolgen einen klaren Zweck. Dass dem so ist, konnte man in den vergangen Jahren immer wieder am Beispiel der Stadt Coburg sehen. Sie hat sich in eine sagenhafte Abhängigkeit begeben, die am Ende dazu führte, dass der Stadtrat bei einer wichtigen Entscheidung jede Ethik über Bord gehen ließ und einen Kurs einschlug, bei dem das Ansehen der Stadt und ihrer Kommunalpolitik zu Recht Schiffbruch erlitt.

Es geht nicht um Neid, sondern um Gleichheit und Fairness

Nein, Neid ist es nicht, um den es hier geht. Die Bamberger Stadtvorderen blicken auf die Spenden, die Sanierungen möglich machen, auf die Arbeitsplätze, die mit dem neuen Standort der Firma Brose entstehen und die damit zusammenhängenden Steuereinkünfte. Ihr Schluss daraus war, dass man so eine Kleinigkeit wie die rechtlichen Regelungen für eine Sondergenehmigung zur Befahrung der Regnitz mit einem Amphibienfahrzeug einfach ordentlich dehnen muss. Denn ein Streit hierüber könnte immerhin dazu führen, dass die Gelder des Unternehmers zukünftig in einem anderen Hafen umgeschlagen werden.

War das richtig? Im Sinne der Gleichbehandlung wohl kaum. Ja, die Gefahr besteht, dass der Geldsegen plötzlich versiegt und  der Spendenfluss trocken gelegt wird. In Coburg hat Herr Stoschek vor einigen Jahren in einem Brief klar gestellt, dass diejenigen, die seinen "Bitten" nicht nachkommen, dann auch nicht damit rechnen dürfen, dass er sich weiterhin finanziell großzügig zeigt.

Man muss sich gut überlegen, ob man solche Gelder überhaupt annehmen möchte. Letztlich dienen sie als Druckmittel. Und bevor man sich versieht, wird die Stadt geentert und das Ruder von jemandem geführt, der dafür keinerlei Kapitänspatent besitzt, dafür aber die Schatztruhe.

Ob Kleinigkeit hin oder her: Ich finde es wichtig, dass so eine Angelegenheit öffentlich diskutiert und durchaus auch kritisch gesehen wird. Für die meisten Bürgerinnen und Bürger werden solche Ausnahmen nicht gemacht. Den Vorwurf indes darf man nicht nur Herrn Stoschek machen. Sondern auch der Stadt, die dieses Spiel mitspielt. Vorbildliches, vor allem ethisch korrektes Verhalten sieht anders aus. Und verlangen wir das nicht in der Regel immer wieder von unseren Politikern? In Bayern sind 2020 wieder Kommunalwahlen. Ich war stets der Auffassung, dass man wissen sollte, wen man wählt.

Und all das für eine Lappalie zu halten, zeugt aus meiner Sicht von Naivität. Es gibt genügend öffentliche Beispiele dafür, wie dieserlei Kaperfahrten nach und nach laufen. Zur Vorbeugung braucht es einen Schuss vor den Bug. Und klare Kante der städtischen Crew.

In diesem Sinne: Mast- und Schotbruch.

Bildquelle: WarX, Creative Commons
Martin Wilbers

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